Elektrozaun schützt Kiebitz-Bruten

Im Unteren Aubachtal bei Seefeld liegt das Brutareal von Kiebitzen direkt neben der Ortschaft an einem viel genutzten Fuß- und Radweg. Viele Hunde werden dort ausgeführt, nicht immer an der Leine. Zu allem kommt noch ein großer Dachsbau dazu, der direkt an den Acker angrenzt, auf dem die Kiebitze brüten. Tatsächlich sind in einer Nacht mindestens zwei Nester vermutlich vom Dachs geplündert worden. Da Kiebitze ihr Brutgebiet aufgeben und anderswo versuchen würden zu brüten, wenn die Brutverluste zu hoch sind, haben wir um eine Lösung gerungen.

Maßnahme

Weidezaun Aufbau
Die Litzen werden gezogen. Im Bild Helene Falk und Ortwin Gentz, im Hintergrund Hanne Schaller, die die Litzen in die Halterungen am Pfosten einhängt.
Fotos: Jonathan Gentz

Als einzig wirksame Maßnahme sahen wir einen vierlitzigen Elektro-Weidezaun an. Die untersten zwei Litzen haben wir auf Empfehlung des beigezogenen Fachmanns so knapp wie möglich über dem Boden eingehängt, um den Dachs abzuschrecken. Der Acker hat eine Fläche von 4,2 ha. Dafür wurde ein Weidezaun von 860 m Länge benötigt. Die Materialkosten in Höhe von 1500 € haben zunächst die Betreuer, die Familie Gentz, ausgelegt. Die Untere Naturschutzbehörde wird diese Auslagen ersetzen. Am 16.4.2019 haben wir die ca. 300 Kunststoff-Pfosten und die verzinkten Eck- und Torpfosten gesetzt. Nachdem der Landwirt noch einmal den Acker bearbeitet hatte, zogen wir am 24. April auch die Litzen und installierten den speziellen AGM-Glasvlies-Akku (12 V, 90 Ah), das Solarmodul und den Transformator.

Beim Setzen der Pfosten, flogen alle Kiebitze weg und kehrten erst nach ca. 2 Stunden in die Brutreviere zurück. Später, beim Ziehen der Litzen, waren die Kiebitze nicht erkennbar beunruhigt und vertrieben während der Arbeiten auch überfliegende Rabenkrähen. Während der Aktion beobachteten wir das Feld auch per Spektiv und stellten dabei drei nur wenige Tage alte Pulli fest.

Teamarbeit
An den Arbeiten beteiligt war neben dem LBV Starnberg vor allem der BUND Naturschutz mit der Geschäftsführerin der Kreisgruppe Starnberg, Dr. Helene Falk und insgesamt 10 Helfer der BN Ortsgruppe. Vom LBV Landsberg kam Klaus Janke. Sogar zwei Mitglieder der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Unterfranken 2 aus Würzburg halfen mit und sammelten wertvolle Erfahrung. Besonders hilfreich war die Beratung und Hilfe von Dr. Herbert Biebach1. Unentbehrlich war auch die Mitarbeit von Niklas (10 Jahre alt) und Jonathan Gentz (13 Jahre alt). Die generelle Leitung oblag der Betreuerin des Kiebitz-Projekts Constanze Gentz. Das Teamwork von BN und LBV, in das sogar die OAG Unterfranken eingebunden wurde, war also sehr effizient.


Die „Drahtzieher“ nach dem Anschluss der solargespeisten Batterie und dem Versenken der 2 Erdungen (v.l.n.r.): Ortwin Gentz, Hubert Schaller, Helene Falk, Constanze Gentz, Hanne Schaller, Herbert Biebach. Nicht im Bild: Niklas und Jonathan Gentz, Ildiko Gaal-Baier, Karin und Peter Michaelson, Sigi Huther, Adolf Haberl, Horst Guckelsberger (LBV), Albert Augustin

Besonders günstig für den Bruterfolg ist die Vereinbarung, dass der Landwirt die Hälfte des Ackers nicht einsät und für das Jahr 2019 brach liegen lässt. Die UNB Starnberg ersetzt ihm den Ernteausfall.

Das Setzen des Weidezauns bedeutet grundsätzlich auch eine Störung des Brutbetriebs. Daher wurden die Arbeiten an Tagen durchgeführt, als die Umgebungstemperatur über 20° C betrug und kein Regen fiel. Am 24. April lag die Temperatur durchgehend bei 26° C. So konnte man davon ausgehen, dass die Eier eines Nachgeleges nicht auskühlten. Tatsächlich konnten wir am 23. April vier etwa zwei Tage alte Pulli beobachten, die kurz nach dem Setzen der Pfosten geschlüpft waren. Am 24. April konnten wir noch drei Pulli sehen.

Hubert Schaller

1 Dr. Herbert Biebach forschte im Max-Planck-Institut in Seewiesen über den Vogelflug und baute unter anderem den spektakulären Windkanal auf, in dem zum Beispiel der Energieverbrauch von Rosenstaren beim Fliegen ermittelt wurde. Auch mit der Wärmeregulation speziell einer Amsel beschäftigte er sich. Im Ruhestand widmet er sich der Schafzucht und kennt daher die technischen Details eines Weidezauns.

Bericht in der Süddeutschen Zeitung, 14. Mai 2019, von Christine Setzwein: Kiebitze: Attacke überstanden