Auch in diesem Jahr überlebte kein Kiebitz-Küken auf dem Acker in Seefeld. Der BUND Naturschutz fordert Herrn Landrat Frey auf, geltendes Recht umzusetzen und nach dem dritten Jahr ohne erfolgreiche Kiebitz-Aufzucht die Maßnahmen zum Kiebitz-Schutz so anzupassen, dass sie zu einer erfolgreichen Brut und Aufzucht beitragen.
Am Freitag, den 21.5.22, herrschte große Unruhe bei den Kiebitzen unterhalb des Hechendorfer Bahnhofs. Die Altvögel flogen alarmierend mit lauten aufgeregten Schreien über dem Schilf und Gehölz, das den Acker vom Bahndamm trennt. Ab dem darauffolgenden Samstag konnten keine Jungvögel gesichtet werden. Auch die Altvögel haben das Brutareal verlassen.
Seit dem 30. März waren die sechs ortstreuen Kiebitze mit der Brut beschäftigt. Zwei Männchen und vier Weibchen versuchten sich erneut im Brutgeschäft und der Jungenaufzucht auf dem traditionellen Brutareal unterhalb des Hechendorfer Bahnhofs. Zwei Gelege wurden aufgegeben, eines aufgrund einer Störung durch eine Zaunreparatur.
Aus drei Gelegen schlüpften insgesamt elf Jungvögel, die ersten Eierschalen knackten an den ersten Maitagen. Kiebitz-Junge müssen sich selber ernähren und so viel fressen, bis sie innerhalb von 40 Tagen von 15 g auf 180 g Gewicht zulegen und damit flugfähig werden. Bis dahin sind sie auf dem Boden großen Räubern hilflos ausgeliefert.
In Seefeld wurde zum Schutz der Jungtiere auf einer 1,2 ha großen Brache ein Elektrozaun aufgebaut, um Bodenprädatoren wie Fuchs und Dachs abzuhalten. Allerdings wuchs in der Brache, da sie schon im zweiten Jahr an derselben Stelle angelegt wurde, zu viel und zu schnell Unkraut auf und verdeckte den Vögeln die Sicht. Eine Kiebitz-Familie machte sich so auf den Weg in den Nachbaracker, der mit geringerem Aufwuchs und feuchten Stellen einen besseren Lebensraum bot. Auch die zweite Familie wanderte ab, als von zwei Arbeitern mit einer Motorsense der Elektrozaun freigeschnitten wurde, um den Stromfluss aufrecht zu halten. Der BUND Naturschutz (BN) hatte die notwendige Pflege des Zauns innerhalb des Ackers kritisiert, weil dies die Vögel massiv stört.
Der Nachbaracker wurde allerdings nicht mit einem Elektrozaun gesichert und bietet wenig Abstand zu Gehölz und Schilf – eine perfekte Kulisse für Bodenräuber, die sich im Unterholz anschleichen können, ohne von den Altvögeln attackiert werden zu können. Derart ungeschützt endete am Freitag das junge Leben von insgesamt elf Kiebitz-Jungvögeln – viel zu früh. Damit ist der dritte totale Brutausfall in Folge zu verzeichnen. Auch im vergangenen Jahr fielen mindestens neun Jungvögel Räubern zum Opfer, ebenfalls aufgrund mangelhaften Zaun-Managements.
Der Bestandsrückgang des Kiebitzes in Deutschland betrug zwischen 1980 bis 2016 ca. 93 %. Die aktuellen Zahlen der letzten Wiesenbrüter-Kartierung liegen der Regierung schon vor, sind aber noch nicht veröffentlicht. Sie werden einen weiteren Bestandseinbruch aufzeigen. Es gilt nun, schnelle Hilfe für den Kiebitz, eine gesetzlich geschützte Agrarvogelart, zu leisten. Verpflichtende und funktionierende Konzepte sowie Schutzmaßnahmen sind aber bislang von der Politik nicht gewollt und werden durch die Behörden daher auch nicht umgesetzt.
Der BN behält sich vor, rechtliche Schritte aufgrund des erneut eingetretenen Umweltschadens einzuleiten. Wiederholte Gesprächsangebote des BN zur Sicherung der Kiebitz-Brut wurden von der Juristin der UNB Starnberg bisher abgelehnt.
Update
Wenn Landrat Frey im Starnberger Merkur behauptet, die Behörde könne nichts dafür, wenn sich die Feinde der Vögel bemächtigten, so ist festzustellen, dass dies mit einer – vom BN wiederholt geforderten – großflächigen Zäunung höchstwahrscheinlich nicht passiert wäre. Die Verantwortung liegt daher klar beim Landratsamt.
Auch der Hinweis auf ein angespanntes Verhältnis des BN mit dem betroffenen Landwirt ändert daran nichts. Denn seit zwei Jahren ist ausschließlich das Landratsamt zusammen mit dem LBV/ASO für die Betreuung der Kiebitze zuständig. Dem BN wurde jegliche Beteiligung verweigert. In diesen zwei Jahren kam es jeweils zu einem totalen Brutverlust, während in den Jahren zuvor, als der BN die Planung und Betreuung unterstützte, durchaus nennenswerte Bruterfolge zu verzeichnen waren.