Mit einem Totalausfall der diesjährigen Brut geht ein trauriges Jahr für die Kiebitze in Seefeld zu Ende. In den vergangenen Jahren konnte die Population konsequent vergrößert werden, insofern ist dies besonders bedauerlich.
Wie der Kiebitz kam und verschwand
Schon Anfang Februar erreichten die ersten drei Kiebitze den Hechendorfer Acker. Nur der kleinere der beiden Äcker bot noch offenen Rohboden und so hielten sich die Kiebitze weitgehend dort auf. Auf dem größeren Acker, der mit Feldlerchen-Fenstern versehen war, wurde Wickroggen angebaut, ein Wintergetreide, das bereits früh aufwächst und den Kiebitzen damit die Übersicht und die Futtersuche erschwert. Am 16. März tummelten sich kurzfristig 13 Kiebitze auf den beiden Äckern und das erste Weibchen begann früh die Brut. So konnten auf dem kleineren Acker mit offenem Boden am 20.3. und am 30.3. zwei Gelege ausgesteckt werden. Bereits ab dem 15. März gaben die Männchen die Verteidigung des Brutareals auf. Bei den Weibchen schien der Brutdrang stärker zu sein, denn diese verteidigten weiterhin ihre Gelege. Vermutlich begannen zwei weitere Weibchen im Wickroggen eine Brut, die aber schnell abgebrochen oder geräubert wurde. Schon am 30. März verließen sechs Kiebitze das Brutareal. Die einzigen zwei Gelege wurden geräubert und ab Mitte April konnte kein Kiebitz im unteren Aubachtal dauerhaft beobachtet werden.
Viele Gespräche
Bis Juli fanden Gespräche mit der Unteren und Höheren Naturschutzbehörde statt mit dem Ziel, für 2021 eine Lösung zu finden. Landrat Frey schaltete sich ein und wünschte sich weiterhin eine Lösung ausschließlich auf freiwilliger Basis. Der BUND Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz gaben eine gemeinsame Empfehlung an die Untere Naturschutzbehörde. Ein Konzept der Behörde für den Kiebitzschutz 2021 liegt bislang den Vereinen nicht vor.
Was erwartet den Kiebitz 2021 in Seefeld?
Bislang wurde von den 4,2 ha Ackerfläche ein Teil umgebrochen und bietet nun offenen Rohboden. Damit ist die Brutfläche verkleinert. Kiebitze benötigen einen Abstand zwischen den Gelegen von 30 bis 40 Metern und tolerieren keine Unterschreitung. Weiterhin braucht der Kiebitz freie Sicht zum Brüten und wird daher zum 2019 gesäten Wickroggen einen gebührenden Abstand halten. So reduziert sich die Fläche und damit die Anzahl der Brutpaare. Um eine Kiebitz-Kolonie am Leben zu erhalten, sind vier Brutpaare notwendig, damit eine gute Abwehr und eine ausreichende Reproduktion ermöglicht wird. In den Jahren vor 2020 gab es im unteren Aubachtal bis zu sieben Brutpaare und eine Reproduktionsrate von bis zu 1,4 flüggen Jungvögeln pro Brutpaar.
Deutschlandweiter Bestandseinbruch um 93 % (von 1980 bis 2016) – wie geht es dem Kiebitz in Bayern?
Bayernweit lag 2019 die Reproduktionsrate nach Aussage der Regierung bei ca. 0,5 flüggen Jungvögeln pro Brutpaar. Das reicht lange nicht mehr aus, um den Bestand zu sichern. Kommendes Jahr findet die Wiesenbrüterkartierung nach sechs Jahren wieder statt. Die vorläufigen Zahlen lassen nichts Gutes erwarten. Das Ausweisen von Wiesenbrüterkulissen scheint faktisch seit Jahren keine Erfolge für den Schutz der Kiebitze zu erzielen. Dieses Jahr wurde die Wiesenbrüterkulisse überarbeitet und soll zu einem effizienteren Schutz beitragen. Die Grundlage für Schutzgebiete ist also geschaffen, nur für die Umsetzung fehlt wohl noch der politische Wille. Die Kiebitze hier sind kurz davor, ganz auszusterben. Es hat sich gezeigt, dass ein auf Freiwilligkeit basierender Schutz nicht reicht. Es ist an der Zeit, den geltenden Artenschutz durchzusetzen.
Constanze Gentz
Foto (ganz oben): Hubert Schaller