EuGH stärkt den Artenschutz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkt die rechtliche Position, dass eine Bewirtschaftung, die geschützte Arten schädigt, zu einem Umweltschaden und somit zu einer Umwelthaftung führen kann. Das EuGH stellte klar, dass eine normale Bewirtschaftung nicht automatisch von der Pflicht befreit, die geschützten Arten und ihre Lebensräume schützen zu müssen.

Wenn man das Bundesnaturschutzgesetz so eng, wie in Bayern zu oft geschehen, auslegen würde, liefe der europäische Artenschutz, der in der Richtlinie 2004/35 vorgesehen ist, praktisch ins Leere.

Nähme man (…) an, dass die Mitgliedstaaten, wie sich aus der deutschen Sprachfassung von Anhang I Abs. 3 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 2004/35 ergibt, die Möglichkeit haben, Betreiber und Eigentümer allein deshalb von jeder Haftung zu befreien, weil eine Schädigung durch frühere Bewirtschaftungsmaßnahmen verursacht wurde, und damit unabhängig davon, ob diese Maßnahmen normal sind, könnte dies sowohl die Grundsätze als auch die Ziele beeinträchtigen, die dieser Richtlinie zugrunde liegen.

Ein solcher Ansatz liefe nämlich darauf hinaus, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zuzuerkennen, entgegen den Anforderungen, die sich aus dem Vorsorgegrundsatz und dem Verursacherprinzip ergeben, Bewirtschaftungsmaßnahmen, die für Gebiete, in denen geschützte Arten oder natürliche Lebensräume vorkommen, übermäßig schädlich und ungeeignet sein könnten und somit geeignet wären, diese Arten oder Lebensräume zu gefährden oder gar zu zerstören und die Gefahr eines Verlusts an biologischer Vielfalt unter Verstoß gegen die den Mitgliedstaaten nach der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie obliegenden Erhaltungsverpflichtungen zu erhöhen, allein deshalb zuzulassen, weil sie sich aus einer früheren Praxis ergeben. Dieser Ansatz hätte zur Folge, dass der Umfang der in Anhang I Abs. 3 der Richtlinie 2004/35 vorgesehenen Ausnahmen übermäßig ausgeweitet würde, und nähme dem mit dieser Richtlinie geschaffenen Mechanismus der Umwelthaftung einen Teil seiner praktischen Wirksamkeit, indem potenziell erhebliche, durch ein bewusstes, unnormales Handeln des Betreibers verursachte Schädigungen von diesem Mechanismus ausgenommen würden.

Urteil vom 09. Juli 2020, C 297/19, Rn. 47-48 Quelle