Foto: Jörg Reinhold
Es ist nun das dritte Jahr, in dem die Kiebitze in Seefeld im Aubachtal gezielt Unterstützung bekommen. Der Landwirt hatte schon vor dem Jahreswechsel den Boden bearbeitet, so dass die Zugvögel zur Ankunft einen offenen Boden vorfanden. Schon Mitte Februar trafen die ersten fünf Vögel ein und besiedelten das Brutareal. Der nach Süden geneigte Hang war schnell schneefrei. Allerdings mussten die Kiebitze noch einige Tage mit Bodenfrost durchstehen. Ende März konnten die Betreuer die ersten drei Gelege feststellen. Mittlerweile waren elf adulte Kiebitze auf dem Acker versammelt und mit dem Brutgeschäft beschäftigt. Wie immer markierten die Helfer die Gelege mit Stecken, damit der Landwirt sie bei der Bodenbearbeitung aussparen konnte. Leider wurden wahrscheinlich drei Gelege von Prädatoren geplündert. Dafür infrage kommt der Dachs, der unterhalb des Brutareals seinen Bau bewohnt. Auch Dachsjunge wurden durch den Jäger bestätigt.
Um weitere Nachgelege zu schützen, zogen wir mit einigen Helfern einen vierlitzigen Elektrozaun mit fast 900 m Länge um den vier Hektar großen Acker. Die Materialkosten in Höhe von rund 1500 € finanzierte die Untere Naturschutzbehörde. Der Schutz funktionierte gut. Die nächtliche Unruhe auf dem Acker legte sich schnell und die zuvor sehr unruhigen Kiebitze erkannten schnell den Schutz und sahen den Zaun auch als optische Grenze ihres Reviers. Eindringlinge aller Art vertrieben sie aus dem gezäunten Areal. Die Weibchen legten erneut Eier und wir zählten insgesamt nochmal sieben Gelege.
In diesem Jahr wurde die Brache von einem auf zwei Hektar vergrößert, der Landwirt erhält dafür Ausgleichszahlungen. Dabei wurde die Brache so angelegt, dass sie auch eine Feuchtfläche beinhaltet, die stetig Wasser führt und die Vögel in den tieferen Reifenspuren sogar baden lässt. Die wertvolle Feuchtstelle bietet Wasser, das die Vögel zum Verdauen ihrer Nahrung benötigen, und zieht viele Insekten und kleine Bodentiere an, die den Kiebitzen als Nahrung dienen. Auf der Brache wachsen Ackerbeikräuter, die ebenfalls Insekten anziehen. Daher legten die Kiebitze ihre Gelege bevorzugt in diesem Bereich an. Auch wird die Brache nicht gespritzt und bietet den Kiebitzen Deckung und weiterhin offenen Boden. Der obere Teil der Brache, der für die Vögel schon im letzten Jahr als Nahrungshabitat dienen sollte, war im zweiten Jahr allerdings schon mit Problemkräutern wie zum Beispiel dem Klebrigem Labkraut zu dicht bewachsen und bot keinen offenen, stocherfähigen Boden mehr.
Fotos: Constanze Gentz
Im Mai waren schon viele Jungvögel geschlüpft und sowohl die Weilheimer Fachschule für ökologischen Landbau als auch die drei Klassen der Hechendorfer Grundschule kamen in den Genuss, die Vögel in allen Entwicklungsphasen zu beobachten, denn drei Jungvögel unternahmen schon die ersten kurzen Flüge, während noch viele kleine Kiebitz-Pulli zu sehen waren.
Foto: Constanze Gentz
Das Gras unter dem Zaun wuchs leider sehr schnell, so, dass viele Stunden Handarbeit gefragt waren, um die unterste Litze, die nur 15 cm vom Boden entfernt ist, wieder frei zu schneiden. Der Spannungsverlust durch das anliegende Gras wäre sonst zu groß gewesen und die Schutzwirkung gegen Bodenprädatoren verloren gegangen. Hinzu kam, dass der Landwirt den Gewässerrandstreifen mähen musste und der Zaun dort für 3 Tage komplett versetzt werden musste. Dafür freuten sich die Vögel dann wieder über den kurz geschnittenen Grünstreifen. Tagsüber konnte man beobachten, wie zwei Weibchen Ihre Küken zu der im Nachbar-Acker gelegenen Nassstelle führten. Gegen Abend aber schlüpften die Küken wieder unter dem Zaun hindurch in Sicherheit.
Am 10. Juni war der Acker plötzlich komplett leer. Kein Kiebitz ließ sich mehr blicken. Am Himmel türmten sich schwarze Wolken und ein Wind wirbelte den Staub von Äckern und Kieswegen auf. Zehn Minuten später hagelten Golfball-große Eisbrocken vom Himmel. Nach diesem Unwetter kreiste ein Altvogel verzweifelt immer an der selben Stelle und rief unermüdlich nach seinem Nachwuchs. Constanze Gentz konnte pitschnasse Jungvögel sowie putzmuntere Altvögel entdecken, aber es waren sehr viel weniger Vögel auf dem Acker als vor dem Unwetter.
Bei der Zaunkontrolle huschte eine verletzte Taube in das Gestrüpp. Wie viele Kiebitze das Unwetter überlebt haben, blieb zunächst unklar. In einem nahegelegenen Garten wurde eine Woche nach dem Unwetter ein toter Kiebitz gefunden.
Als der Landwirt die angrenzenden Wiesen mähte und die Vögel auf der kurzen Wiese Insekten suchten, konnten die Betreuer bis zu sieben Jungvögel zählen. Zwei Jungvögel waren schon kurz nach dem Unwetter in den Frühsommerwegzug gestartet. Wir freuen uns über ein erfolgreiches Kiebitzjahr mit neun flüggen Jungvögeln. Wenn alles gut geht, kommen sie im Februar zurück zu uns. Falls alle beteiligten Helfer eine Lösung finden, wie es im nächsten Jahr weitergeht, können wir hoffen, das Aussterben der Kiebitze im Aubachtal zu verhindern.
Constanze Gentz